Kooperative Ökonomie

Kooperative Ökonomie


Was wir darunter verstehen

Durch die Stärkung und Förderung lokaler Wertschöpfung bleibt das Knowhow erhalten und der Kapitalflucht wird entgegengewirkt.

Stabile regionale Wirtschaftskreisläufe verhindern in gewissem Masse den Geldabfluss aus der Region. Wenn diese Kreisläufe sichtbar gemacht werden, können Lücken gefüllt und Potenziale erkannt werden. Die Stärkung lokaler Unternehmen verankert Fachwissen in der Region, begünstigt die Gründung neuer Unternehmen und schafft Arbeitsplätze.

Die Vernetzung regionaler Unternehmen, lokaler Erzeuger und Verbraucher erhöht die Stabilität. Eine unabhängigere und vielfältigere regionale Wirtschaft ist weniger anfällig bei Krisen. Dazu trägt der lokale Handel auch einen Beitrag zum Umweltschutz und zur Biodiversität bei. Mit verschiedenen Instrumenten, die wir als "kooperative Ökonomie" bezeichnen, können kleine und mittlere Betriebe im Berner Oberland ihre Unternehmensstabilität verbessern, die Geschäftsrisiken verringern und die Wertschöpfungskette regionaler gestalten.

Ein gemeinsamer Ausgleich von Forderungen (engl. multilateral clearing), kombiniert mit einem gegenseitigen zinsfreien Kreditsystem (engl. mutual credit), birgt enorme Potenziale, um bei allen teilnehmenden Unternehmen den Kapitalbedarf zu senken. Dies wirkt sich unmittelbar positiv auf die Liquidität und den Cashflow aus, wodurch die Selbstfinanzierungskräfte des Betriebs gestärkt werden.

Instrumente der kooperativen Ökonomie

Neuartige ökonomische Ansätze und finanzielle Anreize sind in der Region möglich. Diese werden hier mit dem heutigen Stand des Wissens beschrieben. Durch den Austausch mit unseren Partnern und eigenen Recherchen können laufend neue Erkenntnisse dazugewonnen werden. Die einzelnen Instrumente können weiter entwickelt und auf aktuelle Gegebenheiten angepasst werden.

Gemeinsamer Ausgleich von Forderungen (engl. Multilateral Clearing)

Die Unternehmen aus dem gemeinsamen Handelsnetz reichen Daten über ihre offenen Rechnungen bei einer Clearingstelle ein. Mit Algorithmen werden Handelskreisläufe unter den Unternehmen erkannt. Diese bieten die Gelegenheit zum Schuldenausgleich zwischen allen Teilnehmern.

Das einfachste mögliche Beispiel wäre, wenn Unternehmen A Schulden bei Unternehmen B hat und Unternehmen B Schulden bei Unternehmen A. In diesem Fall kann der kleinere der beiden Beträge von beiden gegenseitig verrechnet werden, so dass nur eine reduzierte Schuld des einen Unternehmen an das andere übrig bleibt. Die meisten Kreise werden jedoch deutlich umfangreicher sein (z.B. A schuldet B, B schuldet C, ..., K schuldet A). Je grösser die Teilnehmerzahl und das Handelsnetz sind, desto grösser wird die Zahl der verschiedenen möglichen Kombinationen von Handelskreisläufen.

Die Aufgabe des Algorithmus ist es, diese Kreise zu finden und aufzuzeigen, wie die Summen der jeweiligen Schulden zwischen den Unternehmen ausgeglichen werden können. Indem die Nullsummen zwischen den Unternehmen eliminiert werden, reduziert sich die Schuldenlast der einzelnen Unternehmen.

Durch das multilaterale Clearing (dt. Abrechnungssystem) wird der für Abrechnungen benötigte Geldbetrag minimiert, womit die liquiden Mittel des Unternehmens erhöht werden. Je mehr Handel mit anderen Mitgliedern betrieben wird, desto grösser ist der Nutzen. Mögliche Liquiditätsmangel, bei dem ein Unternehmen seine Lieferanten nicht bezahlen kann, weil es selbst noch nicht bezahlt wurde, können somit vermindert werden. So bezahlen alle Teilnehmer in der Regel früher. Dies stärkt sowohl die Widerstandsfähigkeit der Unternehmen als auch ihre Beziehungen zu ihren Handelspartnern.

Beispiele aus Slowenien zeigen, dass mit einem multilateralen Clearingsystem etwa 10 – 15 % Liquiditätsvolumen eingespart werden, wodurch letztendlich auch Konkurse vermieden werden können.

Zinslose Kredite (Mutual Credit)

Die aufgebauten Strukturen des multilateralen Clearingsystems können ohne zusätzlichen Aufwand für ein Mutual Credit System genutzt werden. Durch den Handel zwischen den Unternehmen und dem dabei wachsenden gegenseitigen Vertrauen, können neue Gruppen (sog. Handelsclubs) innerhalb des Systems gebildet werden, welche einander gegenseitige und zinslose Kredite ermöglichen.

Die Teilnehmer vereinbaren, dass ein bestimmter Betrag des Wertaustauschs über eine eigene Verrechnungseinheit abgewickelt werden kann (ähnlich Sardex in Sardinien). Die nicht ausgeglichenen Salden am Ende jeder Clearingperiode müssen somit nicht vollständig beglichen werden, sondern lediglich innerhalb der von der Gemeinschaft festgelegten Grenzen. Die Organisation und die beteiligten Unternehmen legen gemeinsam positive und negative Grenzen fest, die nicht überschritten bzw. unterschritten werden dürfen. Durch zinsfreie Kredite, die die Unternehmen einander gewähren, wird der Bedarf an Bankengeld reduziert. Die Unternehmen gewinnen dadurch Unabhängigkeit und werden widerstandsfähiger gegenüber Wirtschaftskrisen.

Proaktive Verlängerung der Wertschöpfungskette

Mit der Machbarkeitsstudie werden Kreisläufe sichtbar gemacht. Dies sehen wir als eine Grundlage, um die lokale Wirtschaft gezielt zu stärken und auszubauen.

Die Methodik ermöglicht zu identifizieren, ob und welche Unternehmen noch in bestehenden Kreisläufe integriert werden können. Das Konzept der Kreislaufwirtschaft soll mithilfe dieser Grundlage einfacher und effektiver umgesetzt werden können. Diese Idee, sowie ihr positiver Einfluss auf Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung, wurde von zahlreichen Akteuren, sowohl auf staatlicher als auch privater Ebene, entwickelt und soll nun in die Tat umgesetzt werden.

Stabile regionale Wirtschaftskreisläufe sind entscheidend, um den Geldabfluss aus der Region zu verhindern. Durch die Sichtbarmachung dieser Kreisläufe können bestehende Lücken identifiziert und neue Potenziale aufgedeckt werden. Die Stärkung lokaler Unternehmen verankert Fachwissen in der Region, begünstigt die Gründung neuer Unternehmen und schafft Arbeitsplätze.